Genussgedanken von Matthias Grenda
Genussgedanken von Matthias Grenda

Kulturfarmer

Genussgedanken zum Donnerstag, dem 26.03.2020

Ich arbeite gerne. Und eigentlich hat sich für mich als Freiberufler oder wie das jetzt in der Krise so schön heißt „Solo-Selbständiger“ nicht wirklich etwas verändert. Ich bin wie sonst auch im Home Office tätig, mache mir, im Spannungsfeld aus bürgerschaftlichem Engagement und professioneller Dienstleistung, meine Gedanken zu uns Menschen, den notwendigen Veränderungsprozessen, egal ob privat oder beruflich, biografischen Kommunikationsmodellen und wie der Mensch sich das alles auch zu Nutze machen kann. Daraus erstelle ich Eventkonzepte, schreibe Projektskizzen für relevante Fortbildungs-, Medien- und Kulturprojekte, moderiere Veranstaltungen und Sendungen zu meinem lebensgeschichtlichen Ansatz, biete mich als Kommunikationsberater und Kommunikationstrainer an, versuche Geldgeber für die Nordwalder Biografietage zu finden usw. Der einzige und durchaus wichtige Unterschied zu sonst ist, dass ich keine Auftraggeber und Abnehmer meiner Früchte Arbeit mehr habe. Meine Umsätze sind innerhalb von zwei Wochen um 100 % zurückgegangen. Alle Events wurden storniert, Projekte auf unabsehbare Zeit vertagt, auf Rettungsversuche bekomme ich keine Antworten. Ich arbeite weiter.

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Meinen ersten Job hatte ich mit 15 Jahren, noch als Schüler. Während der großen Ferien arbeitete ich für drei Wochen in einer Gärtnerei. Jeden Tag acht Stunden lang Unkraut zupfen, Pflanzen umtopfen, Rasen mähen und Säcke mit Dünger und Blumenerde schleppen. Jeden Morgen stand ich vor diesen langen Reihen mit Beeten, manche gerne 100 Meter lang, und schluckte bei der Vorstellung, stundenlang und eintönig, jeden störenden Halm rausrupfen zu müssen. Eine echte Herausforderung in Sachen Überwindung, Motivation, mentaler Disziplin und bei den sommerlichen Temperaturen in den Gewächshäusern eine durchaus schweißtreibende Aktivität. Insgesamt aber eine lehrreiche Erfahrung, für mich heute noch. Das Ganze übrigens für umgerechnet 2 Euro die Stunde, nach drei Wochen immerhin 360 Deutsche Mark, bar auf die Kralle. Für mich als Schüler ein Vermögen. Ich genoss den zweiten Teil der Ferien gefühlt wie ein König und kaufte mir mein erstes Mofa, also Motor-Fahrrad. Hör ich jetzt von den fehlenden Erntehelfern, bin ich fast geneigt, die demonstrationsfreudigen Teenager von heute aufzurufen, doch einzuspringen. Eine gute Möglichkeit, echt aktiv zu werden und man kann auch nach der gebückten Achtstundenschicht das Smartphone zücken und ein gutes Spargel-Selfie schießen… Aber das nur am Rande.

Die heutige Arbeitswelt hat sich stark verändert. Wir leben nicht mehr im Industriezeitalter, auch wenn natürlich immer noch Dinge produziert oder hergestellt werden und es Menschen braucht, die mit der Schaufel oder dem Bohrer umgehen können. Wir leben zunehmend in einer Wissens- und Informationsgesellschaft, wo die Digitalisierung vieler Branchen und Berufe eine zentrale Rolle spielt. Das macht dem durch und durch analogen Menschen eine gewisse Angst. Seine auf das Industriezeitalter ausgerichteten Kompetenzen zählen nicht mehr oder reichen nicht aus. Unsere vermehrt projektbezogene Arbeitswelt benötigt eine neuartige Kommunikationsfähigkeit, eine erweiterte soziale Kompetenz und, durch den Wandlungsdruck verursacht, stabilere seelische Gesundheit. Veränderungsprozesse sind für den auf Sicherheit bedachten Menschen nie einfach, bisweilen sogar schmerzhaft, weil in gewisser Weise unkalkulierbar. Gerade die momentane Krise lässt uns das hautnah spüren oder eine Ahnung davon bekommen, was da noch alles auf uns zukommen mag. Ein „weiter so wie bisher“ wird uns nicht helfen, die Zukunft wirklich zu meistern. Da steht uns sehr viel Arbeit ins Haus, wie man so schön sagt, aber es ergeben sich auch unzählige neue Möglichkeit, gerade für Querdenker wie mich. Jeder Einzelne und die Gesellschaft insgesamt muss und müssen das nur erkennen und auch zulassen. Auf die Spargelsaison freue ich mich natürlich trotz alledem. Das Gleiche gilt auch für Dich. Du musst es nur tun.

Also, Dir einen schönen Genusstag und bleib gesund!

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