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Genussgedanken von Matthias Grenda

Kulturfarmer

Genussgedanken zum Sonntag, dem 05.04.2020

Ich bin heute Morgen nach dem ersten Kaffee auf die Terrasse gegangen, um mich an den ersten wärmenden Sonnenstrahlen zu erfreuen. Die Vögel zwitscherten ausgelassen vor sich hin, zwei Eichhörnchen sprangen von Ast zu Ast und ein Fasan stolzierte aufrecht über das naheliegende Feld. So lässt sich das Zuhause sein zu müssen und das geforderte „Social Distancing“ aushalten, ging mir durch den Kopf. Dann hörte ich in der Ferne das Brummen eines Motorrades, nein, da zog jemand ordentlich am Hahn, um es mal etwas schwärmerischer und männlicher auszudrücken. Sofort kam mir in den Sinn, dass Männer und Frauen mit dieser Krisensituation anders umgehen und das anscheinend auch individuell ausleben. Vor allem da draußen. Dann las ich allerdings ein Interview mit einer Evolutionsbiologin, die sagte, dass es beim Drang ins Freie historisch gesehen keine Geschlechterunterschiede geben würde. Wir befreien unsere Sinne außerhalb der eigenen vier Wände und nehmen Informationen auf, spüren die Sonne und Temperatur auf unserer Haut etc. Nun ja, dachte ich, macht Sinn.

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Dann sprach die Forscherin aber doch über Geschlechterunterschiede, die wir evolutionsbiologisch noch nicht überwunden haben und die mit der alten Jäger- und Sammlermentalität von Männern und Frauen zu tun haben. Also Männer Jäger und Frauen Sammler, ok Sammlerin. Bei ihrem Beispiel, einem klassischen Spott und damit Klischee, musste ich lauthals lachen: „Männer finden die Autobahn nach Hamburg, aber nicht die Butter im Kühlschrank. Bei Frauen wäre das umgekehrt.“ Ich war gedanklich sofort in meinem Element, zog also quasi ordentlich am Hahn und unzählige Beispiele flitzten an meinem inneren Auge vorbei. Kennst Du… Ja, wieso verhalten sich Mann und Frau eigentlich so anders in der Krise? Vielleicht, weil sie auch unter „normalen“ Bedingungen anders ticken? Und ist „Social Distancing“ nicht sogar der Normalzustand in einer längeren Beziehung oder Ehe? Eine Ausgangssperre, auch wenn sie nicht so strikt ist wie in anderen Ländern, stellt uns da natürlich vor zusätzliche Herausforderungen.

Vorbei die Zeiten, wo, Achtung Klischees, der Mann ein oder zweimal die Woche in die Kneipe ging, um mit den Kumpels über Fußball, Autos, (selten und wenn dann nur über lustige Messenger Bildchen) Frauen oder das Weltgeschehen zu quatschen und dabei fünf Bier und drei Schnäpse zu trinken. Während die Frau mit „ihren Mädels“ ebenfalls feste Zeiten nutzte, um über ihre Männer zu lästern (hab ich so gehört) und durch diverse Boutiquen und Einrichtungsgeschäfte zu jagen, um ein neues Teil oder den 35. Kerzenständer zu ergattern. Das ist jetzt alles vorbei. Man stelle sich nur vor, der Mann würde zuhause die fünf Bier und drei Schnäpse trinken und die Frau ständig alle Kerzen anzünden und umdekorieren… wobei… Geschenkt. Die Zweisamkeit fällt schwer, egal wie groß oder klein die Wohnung oder das Haus auch sein mögen. Vor allem den Mann plagt die Angst, dass er nun alle vor langer Zeit gegebenen Versprechen einlösen muss, dieses oder jenes zu reparieren oder endlich mal die Garage aufzuräumen. Also weicht Mann aus. Auch das Sprechen und vor allem das Worüber fällt dem Mann schwer, es kann ja nicht mal ein Ausflug, wo sie das Ziel bestimmen darf, er aber natürlich am Steuer sitzt, geplant werden. Als Kommunikationstrainer würde ich sagen: Stuhlkreis hilft, geht aber zu zweit nicht.

Na dann doch lieber auf das Motorrad und schnell eine Runde drehen. Das darf man ja wenigstens noch. Und auf der Straße bin ich nicht alleine, viele Leidgenossen sind heute unterwegs. Das Wetter ist schön, die Sonne scheint über die ganze Situation zu lachen. Es fühlt sich gut an, den Wind zu spüren und nicht denken oder sprechen zu müssen. Obendrein kommt mir noch ein Ausspruch von Alain Delon, dem französischen Schauspielstar und Frauenschwarm in den Sinn: „Frauen interessieren mich nur nach Sonnenuntergang.“ Bäng. Super. So isses… Plötzlich werde ich von einer Stimme aus meinen Genussgedanken gerissen… alles nur ein sonntäglicher Tagtraum. Ich habe ja gar kein Motorrad. Und außerdem soll ich noch den Müll rausbringen… den Weg kenne ich ja… Das Gleiche gilt auch für Dich. Du musst es nur tun.

Also, Dir einen schönen Genusstag und bleib gesund!

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