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Genussgedanken von Matthias Grenda

Kulturfarmer

Genussgedanken zum Mittwoch, dem 15.04.2020

Ich wasche mir, auch ohne Corona, oft und gerne die Hände, natürlich nach jedem Toilettengang oder wenn ich bei beruflichen und privaten Treffen viele Hände geschüttelt habe, was ja momentan nicht vorkommt, vom Einkaufen zurückkehre oder wenn ich Geld, vor allem Münzen, in der Hand gehalten habe. Die Liste ist durchaus erweiterbar. Ich bin da absolut nicht zwanghaft, aber eben doch gewissenhaft. Durch die diversen in den sozialen Medien kursierenden Anleitungen zum Händewaschen hat sich meine Hygienetechnik sogar noch verbessert. Ich wasche meine Hände jetzt länger und intensiver. Lebenslanges Lernen nennt man das wohl. Auch bin ich froh, dass ich einen ausreichenden Vorrat an Seife gebunkert habe, teils aus Regionen, wo das Seife Sieden noch eine Tradition hat. Also Stücke Seife, da ich schon vor Jahren entschieden hatte, diesen ganzen Plastikflaschen Irrsinn nicht mehr mitzuspielen. Auch wenn die Flüssigseife den Vorteil hat, keine Schmierspuren am Beckenrand oder Seifenbehälter zu hinterlassen und mich nicht mit dem richtigen Zeitpunkt quält, wann sie auszutauschen ist. Leer ist leer. Selbst der kleinste Rest eines Seifenstückes ist noch ergiebig, flutscht aber gerne mal durch das Bad oder die Dusche.

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Ich liebe die unterschiedliche Konsistenz und die verschiedenen Düfte von Seifenstücken, je nach Herkunft oder Anwendungsbereich. Da ich selten wirkliche Dreckpfoten habe, ich bin ja ein Schreibtischarbeiter, gebrauche ich selten die gute alte Kern- oder Scheuerseife. Heute benutze ich am liebsten reine Seifen, die auf Olivenöl basieren, nicht nur, weil sie biologisch abbaubar sind, wie die meisten guten Seifen übrigens, sondern weil sie sich einfach gut anfühlen und toll duften. So ein bisschen ist es wie im Urlaub zu sein, wenn mir der Lavendel, Rosmarin oder Thymian in die Nase steigt und meine Hände eine Weile danach duften. Ich gebe dafür auch gerne ein bisschen mehr Geld aus, ist es doch ein Vergnügen entsprechend edle Seifen in Geschäften zu entdecken und einzukaufen, um sie dann zuhause vor der Benutzung im Schrank zwischen der Wäsche zu lagern. Und sie machen sich hervorragend als Geschenk, nicht nur zu Weihnachten und nicht nur für die Eltern, die ja ebenfalls mit Stückseife großgeworden sind.

Da muss ich doch gleich mal wieder schmunzeln, wenn ich an die sich verändernde Hygienebedingungen in meiner bisherigen Lebenszeit denke. Vorbei sind die Zeiten, als es in den Hotels mehr Zimmer ohne Toilette und Bad gab, wo es nur ein Waschbecken im Zimmer hatte und auch nicht jeder Gast ein neues Stück Seife bekam. Es herrschte noch das Etagenbad vor. An das Erlebnis des samstäglichen Baderituals in der Familie können sich die älteren Generationen ebenfalls gut erinnern. Anfangs sogar noch in der Waschküche im Keller, wo eine Wanne stand und Wasser auf dem Herd in der Küche erhitzt werden musste, um es dann eimerweise in den Keller zu schleppen und nach und nach in die Wanne zu füllen. Die Reihenfolge der Waschung ist hinlänglich bekannt, erst der Vater, dann die Kinder, zum Schluss die Mutter. Das Wasser wurde im Laufe der Prozedur immer kälter und das Seifenstück kleiner. Schließlich wurden alle Körperteile ausgiebig geschrubbt. Nicht immer eine schöne Erfahrung, vor allem weil wir Kinder damals noch einen richtigen Dreckhals hatten. Trotzdem fühlte man sich danach himmlisch. Später hatten wir dann ein Bad in der Wohnung. Die Prozedur blieb gleich und änderte sich erst mit dem Aufkommen der Duschen.

Heute kann sich das keiner mehr so richtig vorstellen, nicht täglich oder sogar mehrmals täglich duschen zu können. Ohne altväterlich klingen zu wollen… Aber wann hast Du das letzte Mal Deine Achseln oder Füße im Waschbecken gewaschen? Das Letztere war schon immer eine eher akrobatische Übung, nicht nur, wenn man klein ist. Das geht aber auch, also die tägliche Körperpflege, am normalen Waschbecken. Meine Mutter nennt das heute noch die „heilige Waschung“. Meine Eltern duschen nicht täglich. Hautärzte mögen ihnen Recht geben. Trotzdem bin ich glücklich, diese Option zu haben, dass es dauerhaft fließend heißes Wasser gibt und ich meinen Vorrat an Seifen habe. Man stelle sich eine Krise vor, in der diese elementare Form der Grundversorgung nicht mehr funktionieren würde. Dafür bin ich heute, am Mittwoch, dem 15.04.2020, speziell den Mitarbeitern vom Wasserwerk dankbar, den Gas- und Wasserinstallateuren und allen anderen Handwerkern, inklusive der traditionellen Seifensieder. Das Gleiche gilt auch für Dich. Du musst es nur tun.

Also, Dir einen schönen Genusstag und bleib gesund!

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