Picture of Genussgedanken von Matthias Grenda
Genussgedanken von Matthias Grenda

Kulturfarmer

Genussgedanken zum Sonntag, dem 10.05.2020

Heute ist Sonntag. Und Muttertag. Schön. Ich habe mir nicht viel vorgenommen, möchte entspannen, natürlich mit meiner Mutter telefonieren, und freue mich wie jeden Sonntag auf das Studium der Sonntagszeitung. Gemütlich bei ein bis OK ganz vielen Tassen Kaffee schauen, was die Welt so zu bieten hat. Doch oh Schreck, statt meiner abonnierten Zeitung liegt die BILD am Sonntag im Briefkasten. Zuerst ärgere ich mich, ja diese lieben Gewohnheiten, dann obsiegt aber die Neugier, habe ich doch dieses Blättchen seit Jahren nicht mehr in der Hand gehalten, geschweige denn gelesen. Und ich werde gleich belohnt. Ich zitiere wörtlich: „ Rentnerin (74) explodiert am Beatmungsgerät“. Jau! Ich lese weiter: „ München – Auf diese Idee muss man erst mal kommen. In München ist eine Rentnerin (74) nach einer Verpuffung gestorben. Grund: Die 74-jährige war an ein Beatmungsgerät angeschlossen. Und hatte sich dabei eine Zigarette angezündet. Die Glut der Zigarette entzündete den Sauerstoff im Beatmungsgerät, es kam zu einer Verpuffung. Die Frau erlag ihren schweren Verletzungen.“ Ob sie damit auch zu den Corona-Toten gezählt wird? Eigentlich ist sie ja mit 74 (dreimal erwähnt) noch unter dem Altersdurchschnitt…

genussgedanken_53

Es gab dann aber doch auch noch einen Grund zum Jubeln. Im Interview mit dem Boss eines großen deutschen Reiseveranstalters wurden die Voraussetzungen und Hygienebestimmungen zum Öffnen der Hotels, Restaurants, Kreuzfahrtschiffe etc. besprochen. Dabei fiel der für mich entscheidende Satz, dass es mehr Service am Tisch statt Selbstbedienungsbuffets geben soll. Jau! Jubel. Als bekennender Fan des ehrwürdigen kontinentalen Frühstücks und kopfschüttelnder Beobachter des menschlichen Verhaltens am Buffet, ist das die Botschaft des Jahres, vielleicht sogar des Jahrzehnts. Buffets sind in meinen Augen die Drogenhändler der Fettleber. Natürlich sind die Beweggründe klar, der Gastronom braucht weniger Personal, der Gast fühlt sich durch die Vielfalt beglückt und animiert, öfter als notwendig den Teller zu füllen, ist ja alles inklusive, egal ob das T-Shirt schon spannt und der Bauch längst satt ist. Ich bin immer wieder verwundert, wie lange das „nie wieder Hungern“ der Kriegsgeneration noch nachwirkt. Oder ist es einfach nur die Gier und die Überzeugung, sich heute mal was gönnen zu wollen. Mangel kennen wir eigentlich seit über 50 Jahren nicht mehr. Da liebe ich mir mein kontinentales Frühstück, am Tisch serviert, in der Menge und Auswahl auf die Personenanzahl abgestimmt. Und wer mehr möchte, kann ja nachfragen oder besser noch freundlich darum bitten. Ist übrigens auch eine Möglichkeit ins Gespräch zu kommen…

Leider ist das Buffet symptomatisch für den Niedergang der Eigen- und Außenwahrnehmung und letztendlich der Rahmenbedingungen eines großartigen Berufsstandes. Die Branche, heute in den meisten Fällen mehr Systemgastronomie als wirkliches Handwerk, schleppt sich aufgrund der „Geiz ist geil“ Mentalität unserer modernen Gesellschaft, der Kenntnislosigkeit bezüglich der Produkte und dem täglichen Wettbewerb und Preiskampf mit einer Armada von Hilfskräften am Abgrund entlang. Die Zahl der Mitarbeiter, die eine traditionelle Ausbildung in der Hotellerie oder Gastronomie gemacht haben, also z.B. auch wirklich Ahnung von der Kunst des Servierens haben, ist mittlerweile beschämend klein. Können doch auch Studenten machen, sind eh billiger. Ich denke immer, würden die Leute ihre schicken Autos auch einem Ungelernten zum Reparieren geben? Oder sich bei einer medizinischen Operation einer Aushilfe anvertrauen? Und natürlich reicht zum Tellerabräumen nach der Schlacht am Buffet ein Mensch aus prekären Verhältnissen. Bedarf es doch keiner Kenntnisse und Kommunikationsfähigkeit. Die vielen Reste auf den Tellern reden ja nicht. Beschämend. Es braucht hier wirklich ein Umdenken. Da muss ich mich ja fast bei dem Virus bedanken….

Gut, dass ich mich mit der verkehrten Sonntagszeitung ablenken und amüsieren kann. Ei… das Horoskop, das hab ich ja seit einer Ewigkeit nicht mehr gelesen. Die Überschrift gibt mir aber erst einmal einen Dämpfer: „Wassermänner sind jetzt sehr beliebt“. Leider bin ich Widder, denke ich mir, und lese weiter: „Sie sind hoch motiviert. Je mehr zu tun ist, desto besser fühlen Sie sich. Und das Gute ist: Alles kommt vom Tisch, für wirklich jede Aufgabe finden Sie eine Lösung. Seien Sie nicht schüchtern, sondern greifen Sie zu. Nehmen Sie sich, was Ihnen zusteht.“ Na das nehme ich doch mal als gutes Omen für heute. Läuft! Das Gleiche gilt auch für Dich. Du musst es nur tun.

Also, Dir einen schönen Genusstag und bleib gesund!

BESUCHEN SIE UNS

Nach oben scrollen