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Genussgedanken von Matthias Grenda

Kulturfarmer

Genussgedanken zum Mittwoch, dem 08.04.2020

Gestern Abend habe ich mir mit großer Freude den fantastischen Film „Der Duft der Frauen“ von 1992 mit Al Pacino in der Hauptrolle angeschaut. Was für eine Story, was für eine grandiose Schauspielkunst. Al Pacino spielt den übellaunigen, lebensmüden da blinden ehemaligen Oberstleutnant, der sich nach einem letzten Genusswochenende mit Wein, Weib und Tanz standesgemäß mit der Pistole das Leben nehmen möchte. Wenn da nicht der junge Betreuer aus einfachen Verhältnissen wäre, ebenfalls sehr gut gespielt von Chris O’Donnell, dem auf unterschiedlichste Weise ins Leben geholfen werden muss. Natürlich spielt der Duft der Frauen eine wichtige Rolle. Unsere Nase kann über eine Billion Gerüche unterscheiden. Damit ist sie ein wahres Supertalent unter den Sinnesorganen. Der Geruchssinn ist unser ältester und vielleicht sogar lebenswichtigster Sinn. Noch bevor wir etwas Gefährliches hören oder sehen (eine Frau…?), warnt uns die Nase vor schädlichen Gerüchen wie Gift, Feuer oder Rauch (doch nicht…). Und nicht ohne Grund bewegen wir uns häufig „der Nase nach“. Sie hilft bei wichtigen Entscheidungen, urteilt über Nahrungsmittel oder entscheidet bei der Partnerwahl (also doch…).

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Umso tiefer sind heute Morgen meine ersten Atemzüge durch die Nase im nach Frühling duftenden Garten. Die Erinnerungen an verschiedene biografisch prägende Geruchs- oder Riecherlebnisse wehen mir ums Gemüt. Fangen wir mal mit den sehr männlichen Erinnerungen an. Da ist meine eigene Militärzeit mit acht Kameraden auf einer Stube von vielleicht 20 Quadratmeter und zwei Toiletten für über 80 Soldaten zu erwähnen. In der Stube waberte eine permanente und aus der Haut der vielen jungen Soldaten, aber auch den alten Wänden des Raumes selbst, kriechende Duftwolke aus Leder, Uniformstoff, Waffenöl, Zigarettenrauch, billigem Rasierwasser, Angst, Fürzen und Schweiß. Ich glaube, Du kannst Dir vorstellen, dass man sich da geruchsmäßig sehr vertraut und dadurch auch an so manche Belastungsgrenze geführt wurde. Vor allem, wenn man Toilettendienst hatte, denn es wurde selbst geputzt. Das führte auf der anderen Seite aber auch zu einer speziellen Form von Vertrautheit, Nähe, füreinander einstehen, verschweißt sein, was heute eine sehr selten Erfahrung geworden ist. Ich meine das ohne jegliche Verklärung.

Natürlich kreisten unsere Gedanken und Gespräche als junge Männer oft um den Duft der Frauen und das weibliche Geschlecht, also das genaue Gegenteil unseres Alltags aus Befehl und Gehorsam (wir waren damals sowas von naiv…). Dazu beigetragen hatte ein Film, der zu meiner Militärzeit gerade in die Kinos gekommen war und der uns Männer fast in den Wahnsinn trieb: „Flashdance“ von 1983 mit Jennifer Beals in der Hauptrolle. Diese Sehnsuchtserscheinung einer Frau, das Gesicht, die Haare, dieser Körper und dann diese treibende Musik gepaart mit erotischen Tanzbewegungen. Wen scherte schon die Story des Films. Wir wollten Jennifer. Wir wollten den Duft der Frauen. Aber ganz so einfach war das natürlich nicht zu haben, ist es auch heute nicht. Und gerade deswegen ist es eines der unglaublichsten Phänomene der Natur, wie zielstrebig und „langatmig“ der Mensch sein kann, hat er erst Witterung aufgenommen. Eine archaische Grundkonditionierung halt. Das wissen wir alle schon viel länger als es das Bond Girl „Pussy Galore“ aus „Goldfinger“ von 1964 gibt, deren Darstellerin Honor Blackman gestern leider verstorben ist. Pussy brauche ich wohl nicht zu erklären. Galore heißt „in Hülle und Fülle“, also reichlich. Ich würde ja sagen, unersättlich. So ist der Trieb des Menschen nun mal und Duft spielt dabei definitiv eine Hauptrolle, egal wie „gegendert“ Geschlechterrollen heute auch sein mögen.

Natürlich kommen mir noch viele andere Genussgedanken bei dem Thema „Riechen“ in den Sinn. Hier eine Letzte: Ich war vor einigen Monaten Gast bei einem Vortrag von Prof. Dr. Hanns Hatt, dem Riechforscher überhaupt. Leider mittlerweile emeritiert, also im Ruhestand. Seine Nase aber nicht. Er sagte in einem Vortrag, dass der Mensch immer, übrigens auch im Schlaf, und überall riechen könne, der Geruchssinn aber leider durch die moderne audiovisuelle Prägung verkümmert sei. Das spielt gerade im Alter eine Rolle. Durch regelmäßiges Trainieren des Geruchssinns könne man sogar das Gedächtnis besser in Schwung halten als mit Kreuzworträtseln oder Soduku. Seine Empfehlung daher, es sei genussvoller und auch effektiver, die Unterschiede zehn verschiedener Rotweine zu erschnüffeln und zu erschmecken. Das hielte den Menschen einfach länger fit im Kopf. Na dann Prost auf viele weitere schöne Duft- und Geschmackserlebnisse. Das Gleiche gilt auch für Dich. Du musst es nur tun.

Also, Dir einen schönen Genusstag und bleib gesund!

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